
10 Fragen an Robert Jungnischke, Experte für Blackouts
Seit Jahren ist Herr Jungnischke der Experte in Deutschland, wenn es um das Thema Blackout & Stromversorgung geht. Am 23. Jänner veröffentlicht er bereits sein zweites Buch zum Thema Blackout, betreibt seinen eignen Youtube-Kanal mit bereits über 12.600 Followern, bietet Workshops an und ist ein gern gesehener Interview- und TV Gast in Deutschland.
B24: Herr Jungnischke, wie sind Sie als gelernter Chemiefacharbeiter zum Blackout-Experten geworden? Woher kam das Interesse an dem Thema?
Ich bin ja nicht nur Chemiefacharbeiter, sondern habe nach meiner Ausbildung auch Wirtschaftsingenieur studiert und bin danach in den Vertrieb gewechselt. Des Weiteren bin ich auch noch Sachverständiger für Koi-Fische. Ich habe auch selbst einen Teich und vor Jahren gab es bei uns einen großen Stromausfall. Da habe ich mir ernsthafte Sorgen um meine Fische machen müssen. Dabei habe ich zu überlegen begonnen, wie ich auf der einen Seite meine Fische schützen kann und auf der anderen Seite, was eigentlich die Ursache an dem Stromausfall war bzw. was wir denn überhaupt für eine Stromversorgung hier in Deutschland haben. Und so bin ich darauf gestoßen, dass wir mit der Energiewende-Politik unsere Stromversorgung sabotieren und kaputt machen. Und da ich schon 30 Jahre im Vertrieb bin, habe ich dann die Brücke geschlagen und mich gefragt ob das die Unternehmer eigentlich wissen. Und da musste ich feststellen, es bekommt keiner mit. Der Mensch kann sich nur gut Dinge vorstellen, die er kennt. Und da der Strom noch immer aus der Steckdose kommt, kann man sich nicht vorstellen, was hinter der Steckdose passiert. Und dass wir im Grunde eine deutliche Verschlechterung der Qualität und der Belieferung haben. Das bekommt man erst mit, wenn es so weit ist, wie aktuell.
B24: Am 23. Jänner erscheint ihr bereits zweites Buch zum Thema Blackout (Blackout Vorsorge). Können sie uns dazu etwas erzählen? Was erwartet die Leser?
Das erste Buch habe ich gemeinsam mit Herrn Henrik Paulitz geschrieben, da ging es um das Thema Blackout-Gefahr und Stromausschaltung. Da haben wir versucht zu belegen, dass es tatsächlich eine Gefahr gibt. Da waren wir noch Verschwörungstheoretiker. Außer bei ihnen in Österreich, der Herbert Saurugg (österr. Blackout-Experte), war niemand der schon davor gewarnt hat, dass wir hier auf eine Katastrophe zulaufen. Mittlerweile ist die Situation eine andere.
Das jetzige Buch ist der eigentliche Ratgeber für Privathaushalte, wie man sich in den unterschiedlichen Lebenssituationen tatsächlich bestmöglich vorbereiten und welche Vorsorge man treffen kann. Es gibt viele Bücher zu dem Thema, aber was mir bei den anderen Büchern gefehlt hatte, war der Bezug zur konkreten Wohnumgebung. Einfaches Beispiel: Überleben in einer Großstadt ist einfach eine andere Situation als Überleben am Land. Das habe ich versucht in diesem Buch zu ergänzen.
B24: Bei uns in Österreich scheint, als wären die Menschen sensibilisierter für das Thema Blackout. Viele Gemeinden organisieren mittlerweile Infovorträge für die Bevölkerung. Wie ist die Situation in Deutschland? Wird mit dem Thema zu sorglos umgegangen?
Herbert Saurugg macht ja das in Österreich mittlerweile seit 11 Jahren. Er kam vom Militär und hatte dabei mit Riskmanagement zu tun gehabt. Er hat dann frühzeitig das Blackout-Risiko erkannt und wollte dahingehend auch aktiv werden. So hat er dann jahrelang als einsamer Rufer Österreich aufbereitet. Und das ist halt auch der Grund, dass bei ihnen die Politik an einem Punkt ist, wo sie sagt, es gibt diese Gefahr und wir müssen dagegen etwas tun. Bei uns sieht die Sache ganz anders aus. Wir haben die Energiewendepolitik. Alle konventionellen Kraftwerke werden einfach ohne die Konsequenzen zu berücksichtigen abgeschaltet. Und dadurch haben wir jetzt diese verschlechternde Netzsituation und auch die zunehmende Brownout- und Blackout-Gefahr. Aber es darf natürlich nicht sein, dass die Energiewende daran schuld ist. Und deswegen ist bei uns die Politik ganz anders unterwegs. Seit August 2022 greifen aber auch in Deutschland immer mehr Medien das Thema auf, was ich sehr positiv bewerte.
B24: Das Thema Blackout ist ja leider bei vielen noch immer ein Reizthema.
Die Politik spielt das Thema weitestgehend herunter, während Experten und Zeitungen das Thema prominent besetzen. Wie viel Überzeugungsarbeit müssen sie dabei eigentlich leisten? Spüren sie viel Gegenwind bei ihrer Arbeit?
Man benötigt schon mindestens eine Elefantenhaut und das reicht wahrscheinlich nicht aus.
Als ich vor zwei Jahren mit der professionellen Beratung anfangen wollte, dachte ich, ich laufe bei den Unternehmen offene Türen ein, wenn ich sie auf die Probleme aufmerksam mache und sie damit auch ihr Vermögen retten könnten. Aber genau das Gegenteil war der Fall. Nun haben wir hier in Deutschland eine Wirtschaftskrise und da haben viele Unternehmen so große Sorgen, dass diese den Überblick verloren haben. Für deutsche Unternehmen war bereits 2021 durch die hohen Strompreise die Schmerzgrenze mehr als erreicht, nun ist sie bereits weitgehend überschritten. Und die Preise werden sich bald weiter vervierfachen, bevor sie wieder abflachen, aber wir werden immer über dem doppelten Niveau bleiben, wo wir 2021 gestartet sind. Viele Unternehmen denken, dass sie keine Chance mehr hätten und ich denke das ist der Grund das dann viele sagen, das macht eh keinen Sinn mehr und andere glauben es einfach noch nicht, weil die Politik und die Leitmedien ja noch immer sagen, wir bekommen das schon hin.
B24: Sind unsere Netze eigentlich für den steigenden Energiehunger (Thema E-Mobilität) der Bevölkerung ausgelegt und kann man nur mit erneuerbarer Energie unsere Netze auf die Dauer stabil halten?
Es kann und wird nicht funktionieren und es funktioniert ja auch jetzt schon nicht. Gerade erst sonntags hatten wir die Situation, dass Energie Baden-Württemberg den Verbrauchern gesagt hat, bitte ab 17-19 Uhr weniger Strom verbrauchen, weil angeblich in Norddeutschland zu viel Windkraft produziert wurde. Hier wurde mal wieder eine Nebelgranate geworfen, weil der Windstrom in Norddeutschland nichts mit dem Mangel in Süddeutschland zu tun hat, sondern das Problem ist, dass der Netzausbau der nötig wäre, um diesen Windstrom nach Bayern oder Baden-Württemberg zu bringen, gewaltig hinterherhinkt. Man hat halt fast alle Kernkraftwerke in Bayern und Baden-Württemberg abgeschaltet, bevor man für Ersatz gesorgt hat. Und der nächste Punkt ist, dass man eben nur Sonnenenergie erzeugen kann, wenn die Sonne scheint. Selbst in Ländern, wo sie mehr scheint als bei uns, scheint es wirtschaftlich nicht sinnvoll zu sein auf Sonnenenergie zu setzen. Beim Wind hingegen haben wir mehrere Probleme. Das eine ist, wenn der Wind weht, ist er unkontrollierbar und wenn er nicht weht, ist er auch unkontrollierbar. Wir sind hier von einer Zufallsproduktion abhängig und ein Industrieland, welches konsequent immer eine gewisse Strommenge benötigt, kann nicht mit Zufallsstrom betrieben werden. Dazu bräuchten wir eine Backup Lösung. Diese war auch geplant mit 100 Gaskraftwerken, welche man bauen wollte. Dann kam aber die Gaskrise und plötzlich wollte aber niemand mehr ein Gaskraftwerk bauen, weshalb uns jetzt rund 100 Gaskraftwerke fehlen. Wir haben somit keine Backuplösung. Und selbst wenn ich die Erneuerbaren verdreifache, haben wir das Problem, dass die Spitzen immer größer werden, die Täler, wo nichts geliefert wird, bleiben aber gleich, was zu noch größeren Problemen führt. (mehr dazu: Video)
B24: Thema Gaskrise. Deutschland befindet sich ja nach wie vor im Gasnotfallplan Stufe 2. Haben wir diesen milden Winter bereits mit einem blauen Auge überstanden?
Zunächst einmal haben wir bis zum Embargo gegen Russland rund 55% Erdgas aus Russland bezogen zu sehr günstigen Preisen. Das gibt es nicht mehr und die fehlen jetzt. Wir können zwar einen Teil davon in Form von LNG und Erdgas aus irgendwelchen Ländern substituieren, aber nicht mehr zu dem Preis. Das zweite Problem ist, dass wir diese großen Mengen gar nicht auf dem freien Markt bekommen. Denn die ganzen Rohstoffe sind fix gebunden an Kunden. Und daher gibt es nur gewisse Mengen am freien Markt und dort bestimmt einzig und allein der Preis, wer diese bekommt. Noch sind unsere Gasspeicher durch den milden Winter, voll aber das Gas gehört privatwirtschaftlichen Unternehmen, die das Gas auch anderweitig verkaufen können wie zB nach Österreich. Und wenn die Gasspeicher einmal leer sind, werden wir die Mengen auch nicht mehr am freien Markt bekommen, um diese wieder aufzufüllen. Und jetzt fängt der Winter ja erst richtig an. Und wir haben die vollen Gasspeicher ja auch nur deshalb, weil die Industrie ihre Produktion gedrosselt hat, aber das ist ja keine gute Entwicklung.
B24: Die vermutlich an sie meistgestellte Frage, aber auch für die Leser die brennendste Frage: Wie wahrscheinlich ist ein Blackout überhaupt?
Generell gibt es ja verschiedene Auslöser für einen solchen, da wäre zB die bereits angesprochene Energiepolitik, dann haben wir aber menschliches und technisches Versagen, Erdbeben, Cyberattacke, etc. die wir nicht in der Hand haben. Man muss auch wissen, wir haben kein deutsches Stromnetz, sondern einen Stromverbund aus 37 Ländern und da könnte es sein, dass ein Problem in einer dieser Länder passiert und dann weitere Probleme dazu kämen was dann einen Dominoeffekt auslösen würde, was wiederum zu einem Blackout führen würde. Wenn sie mich nach einer Wahrscheinlichkeit fragen, würde ich momentan sagen, dass sie relativ klein ist, weil wir momentan ja noch gut mit Energie versorgt sind. Es war bis jetzt auch noch nicht so richtig kalt. Wenn es also jetzt keine grundsätzlichen Störungen dazu kommen dann halte ich die Wahrscheinlichkeit für einen Blackout für gering. Aber die Wahrscheinlichkeit das wir Stromabschaltungen und Stromrationierungen bekommen die halte ich für Bayern und Baden-Württemberg bei nahezu 99% und für ganz Deutschland bei 80%, weil der Strommangel einfach kommen wird und muss. Stichwort: Digitalisierung, E-Mobilität, Wärmepumpen, etc.
B24: Warum und wie sollten Privathaushalte vorsorgen?
Grundsätzlich ist es so. Wenn wir die Situation objektiv betrachten, müssen wir davon ausgehen, dass es eine Blackout-Gefahr oder zumindest eine Gefahr der Stromrationierung gibt. Und wir sind es ja in Deutschland gewohnt, dass man fast jeden Tag einkaufen geht und nicht mehr wie früher einen Vorrat hat. Und weil die Abhängigkeit vor allem bei Wasser groß ist, ist es so wichtig eine Vorsorge zu treffen. Man minimiert damit auch sein eigenes Risiko. Man stelle sich vor in Berlin fällt plötzlich der Strom aus. Dann haben die meisten schon nach dem ersten Tag kein Trinkwasser mehr und am zweiten Tag nichts mehr zu Essen. Dann kann man sich vorstellen was da dann los ist. Weshalb es so wichtig wäre, dass jeder für zwei Wochen vorsorgt. Und selbst wenn es nur zu diesem Brownout käme, hat das ja Einfluss auf die Lieferketten. Man tut sowieso gut daran in solchen unsicheren Zeiten Vorräte anzulegen.
B24: Wir gehen davon aus, dass dieses Buch nicht Ihre letzte Arbeit war. Was sind ihre gegenwärtigen Projekte?
Dieses Buch hat mir vom Inhalt her noch gefehlt. Was Bücher anbelangt habe ich derzeit keine Idee was noch kommen könnte. Ich habe meinen Youtube-Kanal und in diesen stecke ich derzeit sehr viel Energie, um die Reichweite zu erhöhen und noch mehr Menschen zu informieren. Ich habe auch einen wöchentlichen Blackout-Ticker, wo ich jeden Sonntag bis 11:00 ein neues Video auflege und die Leute informiere wie es, anhand von nachvollziehbaren Parametern um die Blackout und Brownout Gefahr bestellt ist. Ich möchte, dass die Menschen lernen das auch selbst zu beurteilen. Da möchte ich mich auch noch technisch verbessern. Dann ist auch noch ein Spotify Podcast geplant. Und zu guter Letzt bin ich gerade dabei, mit einem Hersteller ein Produkt zu entwickeln, welches es Leuten ermöglicht ihre lebensnotwendigen Geräte wie zB. Beatmungsgeräte auch ohne Stromnetz weiter zu betreiben. Denn um diese Personen kümmert sich derzeit niemand.
B24: Sie haben es gerade angesprochen. Sie betreiben einen Youtube-Kanal mit 12.600 Abonnenten. Fühlen sie sich persönlich als Influencer?
Es gibt Influencer die die Menschen beeinflussen in einem Sinn. Ich habe auch bereits einige Influencer kennengelernt, die manipulieren und machen es wegen des Geschäfts oder ein Interesse zu vertreten. Wenn man den Begriff so auslegt, würde ich sagen, das bin ich nicht. Wenn man aber meint das ich im Sinne der Aufklärung jemand bin, der Gehör finden möchte dann würde ich sagen das bin ich.